Berater oder Verkäufer – wer verdient wie und wo lauern überall versteckte Provisionen?

Es ist schon komisch. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis gibt es viele, die keine Lust haben sich mit dem Thema Geld und Versicherungen auseinanderzusetzen.

Und obwohl sie wissen, dass ich mich beruflich mit dem Thema beschäftige, kommen sie nicht auf mich zu, bevor sie irgendetwas „abschließen“ bzw. „kaufen“.

Ich kann zwar verstehen, dass nicht jeder Lust darauf hat, sich mit den Themen zu beschäftigen und erst recht nicht kostbare Zeit damit verschwenden zu wollen. Aber wenn ich dann höre, wie oft man innerhalb weniger Minuten bei der Bank oder bei einem Versicherungs­­makler ein Produkt über 5.000 Euro, 20.000 Euro oder gar noch mehr abschließt, dann stehen mir die Haare zu Berge.

Völlig anders ist das oftmals bei einer neuen Kamera, einem Handy oder einem Notebook. Da wird oft stundenlang mit Fleiß und Freude im Netz recherchiert und der billigste Anbieter herausgesucht, um gerade einmal 5 oder 10 Euro zu sparen. Der Aufwand hier steht also in keinem Verhältnis zum Einspa­rpotential.

Es wird mit Fleiß oft stundenlang im Netz recherchiert, um gerade einmal fünf oder zehn Euro zu sparen.

Unterschreibe ich einen Renten­vertrag oder eine Lebens­­versicherung bei einem Makler, bekommt dieser 2-4% der Abschluss­summe als Provision. Bei 100.000 Euro sind das also 2.000 bis 4.000 Euro.

Das ist Ihr Geld. Nur sie sehen es eben nicht, weil Sie keine Rechnung erhalten bzw. das Geld versteckt als Provision fließt. Hier etwas mehr Zeit zu investieren und sich vielleicht im Vorfeld beraten zu lassen, kann dabei helfen, viele Hunderte, wenn nicht sogar Tausende von Euro zu sparen.

Versicherungen und Finanzanlagen sind nicht so schwer zu verstehen. Aber es ist schon lästig, das ganze Klein­­gedruckte zu lesen. Ich möchte Sie aber trotzdem auffordern: Nehmen Sie sich pro 1.000 Euro Investitions­­volumen eine Stunde Zeit und Sie können mit dem erworbenen Wissen und der Recherche alle Ihre Anlage­­entscheidungen selbst treffen und können grobe und teure Fehler vermeiden. Sollte Ihnen das zu viel Arbeit oder Aufwand sein, dann suchen Sie sich jemanden, der Sie unabhängig und gegen Honorar berät.

Hinterfragen Sie also immer, wie der Berater/Vermittler sein Geld verdient. Ist er auf Provisionen angewiesen, um seinen Lebens­unterhalt zu verdienen, so muss er Ihnen quasi etwas verkaufen. Er ist dann nicht der „nette Berater“ von nebenan sondern eher ein „gewiefter Verkäufer“. Und dieser verkauft Ihnen in der Regel die Produkte, an denen er selbst am meisten verdienen kann.

Gehen Sie jedoch zu einem Berater, der für die „Beratung“ ein Honorar verlangt – nämlich für seine Arbeits­zeit, die er für Ihre Frage­stellung aufwendet und seine Dienst­­leistung Sie auf­zuklären und Ihnen Produkt­­vorschläge zu unterbreiten, dann können Sie mehr oder weniger sicher sein, dass er frei von Produkt­­interessen ist. Er ist nicht auf die Provisionen von Banken und Ver­sicherungen angewiesen, sondern wird durch Sie direkt bezahlt und ist damit nur Ihnen verpflichtet.

Hinterfragen Sie immer, wie der Berater/Vermittler sein Geld verdient.

Ein guter Berater erstellt für Sie eine schriftliche Aus­arbeitung und zeigt Ihnen Vor- und Nachteile der empfohlenen Produkte auf. Er analysiert Ihre individuelle Situation und unterbreitet Ihnen daraufhin ver­schiedene Angebote. Ob Sie diese dann umsetzen oder nicht, ist dem Berater letztlich „egal“, da er nicht an der Umsetzung verdient (bzw. verdienen sollte).

An dieser Stelle ein kleiner Exkurs: Dieses Modell ist in vielen Ländern, gerade im angel­­sächsischen Raum, stark verbreitet. So ist es in Großbritannien gänzlich verboten, gewisse Finanz­­produkte gegen Provision zu vertreiben. Auch in Deutschland gab es 2013 einen Gesetz­entwurf, der dieses gefordert hat. Schliesslich ist es allerdings den Lobbyisten der Versicherungs­­wirtschaft gelungen, dieses zu verhindern.

Inzwischen gibt es in Deutschland das sogenannte Honorar­­anlage­beratungs­­gesetz (HAnlBG), welches die Anlage­beratung gegen Honorar regelt. Dieses führt aber nach wie vor ein Nischen­­dasein, da weiterhin fast ausschließlich das Provisions­­modell bei Bank- und Versicherungs­­geschäften zum Einsatz kommt.

Und viele wissen gar nicht, wo überall versteckte Provisionen lauern. Hier ein kleiner Überblick, der unser gesamtes Leben und nicht nur den Banken­­bereich betrifft und längst nicht voll­zählig ist:

  • beim Fondskauf (egal ob offene oder geschlossene Fonds. Je nach Anbieter und Verkäufer variieren die Provisionen sehr stark, zwischen 0 und 10%)
  • bei allen Arten von Versicherungen – egal ob Vorsorge­­versicherungen, private Zusatz­­versicherungen oder Schadens­versicherungen (hier gibt es Abschluss­­provisionen, Bestands­­provisionen, laufende Gebühren)
  • bei Krediten (ob Kredite über die KfW, Vermittler, Online­­portale – zumeist wird die Provision auf die Höhe der Abschlus­ssumme erhoben – bis zu 2%)
  • beim Kartenverkauf von Veranstaltungen, wie z. B. Theateraufführungen, Konzerte, etc.
  • bei EC- und  Kreditkartenzahlungen
  • bei der Wohnraumvermietung durch Makler
  • beim Verkauf/Kauf von Immobilien
  • bei  Reise- und Flugbuchungen (egal, ob online oder im Reisebüro gebucht, die Provisionen sind immer gleich. Gegebenen­falls gibt Ihnen ein Anbieter etwas ab und lässt es dadurch günstiger erscheinen)
  • bei Bestell-Hotlines (ob Essen, Taxi­fahrten, Hotel­­übernachtungen, Gutschein­portalen, Online-Versand­händlern, etc.) Ordern Sie hier über eine Plattform und nicht direkt bei dem Unter­nehmen, kassiert der Plattform-Anbieter zum Teil bis zu 30% Provision)
  • bei allen Arten von Bonus- oder Punktesystemen

Mein Tipp: Schauen Sie immer, wer Ihr Geschäfts­­partner ist und ob zwischen Ihnen und dem Ver­käufer noch ein Ver­mittler zwischen­geschaltet ist. Wenn Sie diesen Vermittler umgehen und direkt mit dem Verkäufer kommunizieren können, kann das bares Geld sparen. Versuchen Sie es doch mal und rufen demnächst direkt beim Hotel an. Oder verhandeln Sie mit Ihrem Vermittler über seine Provision – also Ihr Geld. Je größer die Summen werden, um die es geht, desto eher lässt sich durch Verhandlungen ein enormes Spar­­potential ausschöpfen.

Wie vieles im Finanzbereich funktioniert, möchten wir Ihnen auf unserer Web­seite zeigen. Bei Fragen zu speziellen Produkten und deren Provisionen können Sie aber auch direkt auf uns zukommen.

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